OMAN: Sindbad, Sand und Sultan
Reise durch das Sultanat Oman vom 19. Feb. bis 03. März 2015
Vielen Dank an Frau Ulrike Wolz und Frau Karin Huss für diesen Bericht.
Wer nach dem Reiseziel Oman fragt, hört entweder „da war ich schon“ oder „da fahre ich als nächstes hin“. Was macht das Land auf der arabischen Halbinsel als Destination so attraktiv, warum sind die touristischen Zuwachsraten so gewaltig?
Praktisch gedacht aus zwei Gründen: Die Anreise mit 6stündigem Direktflug ist relativ kurz und das Land gilt als absolut sicher.
Doch emotional gaukelt uns das Wort Oman Motive aus 1001 Nacht vor: stolze schöne Araber in ihren weißen Gewändern, schwankende Kamelkarawanen in einer roten Dünenlandschaft, Blicke aus verschleierten schwarzen Augen, palmengesäumte Oasen, stolze Forts am blauen Meer, Gerüche nach Weihrauch und Sandelholz. Das was uns die hochtechnisierten Golfstaaten nicht mehr bieten, erhoffen wir hier zu finden: die märchenhafte Pracht des Orients. Und die wahre Geschichte eines charismatischen Herrschers, der mal eben 17 Millionen für ein Kinderspital in München lockermacht.
16 Westfalen und 10 Münchner begeben sich auf die Spuren von Sindbad dem Seefahrer und erleben bei angenehmen 28 Grad die leeren Strände der 1700 km Küstenlinie, die überraschend hohen Berge, die grünen Oasen und die größte Sandwüste unseres Planeten.
Schon bei der nächtlichen Fahrt vom Flughafen ins Hotel Al Falaj bekommen wir etwas mit von der Lage der Hauptstadt Muscat: direkt am Meer gelegen, quetscht sich die Stadt mit ihren 700.000 Einwohnern zwischen Meer und Gebirge, 30 km lang und 8 km breit. Sie ist ein Beispiel moderner Stadtplanung mit breiten Straßen, gemäßigten Hochhäusern und Botschafts- und Geschäftsvierteln. Mitten in der Stadt sehen wir Dünen, auf denen man surfen kann und steinige Wadis, die sich in Windeseile in reißende Bäche verwandeln, vor denen man per SMS gewarnt wird.
Die Bekanntschaft mit Christian Leitner, unserem Führer der ersten acht Tage, ist herzerfrischend. Sein österreichischer Schmäh bringt uns den Oman auf unnachahmliche Weise nah und seine Begeisterung für das Land springt unmittelbar über. Er parliert arabisch, kennt alle Leute vom Händler bis zum Hotelier und umarmt ständig ihn anstrahlende Araber. Auch Khalid, unser Fahrer, ist solch ein Strahlemann und amüsiert sich königlich mit uns. Vor allem, als wir die traditionelle omanische Begrüßung probieren, bei der man die Nasen aneinanderreibt (natürlich nur unter Männern):
Salaam Aleikum!
Aleikum Salaam!
Al hammdullilah!
Al hammdullilah!
Al hammdullilah! Ente kefhalek?
Als Absacker gibt es trotz strikten Alkoholverbots im Land ein erstes Bier im Hotel: wir müssen schließlich auf das Brautpaar Claudia und Wolfgang anstoßen. Und der Sultan blickt streng auf uns herab…
Sonntag: Muscat, Moscheen und Museen
Der Tag beginnt mit einem Besuch der großen „Sultan Qabus Moschee“, die sich - 2001 fertiggestellt - auf einem Areal von 416.000 Quadratmetern erhebt und Platz für 6.600 Gläubige bietet.
Ganz anders als die goldprotzige Moschee von Abu Dhabi besticht sie durch eine sandfarbene Harmonie von Gestaltung, Form und Farbe; bis in die letzte Einzelheit gestaltet in bester Handwerkskunst islamischer Tradition. Zusammen mit dem Hauptminarett - das höchste des Omans mit 91,5 Metern - symbolisieren die vier weiteren Minarette die fünf Säulen des Islams: den Glauben bekennen (Es gibt keinen Gott außer Allah…), Almosen geben, fünfmal am Tag beten, im Ramadan fasten und nach Mekka pilgern.
Frauen und Männer beten getrennt, deswegen wird auf Großbildschirmen ins Frauenhaus übertragen. Die Männer versammeln sich auf einem herrlichen Perserteppich von 4.200 Quadratmetern (600 Frauen haben ihn vier Jahre lang geknüpft) unter einer 34 Meter hohen Kuppel erleuchtet von einem Swarowski-Leuchter mit 1.122 Lampen. Günther lakonisch: „Sowas haben wir in Oberhausen auch….“
Leitner sei Dank können wir die ganze Pracht noch relativ allein bestaunen, denn wir sind schon sehr früh aufgestanden. Doch schon auf dem Weg zurück zum Bus, kommen uns die Massen der Kreuzschiff-Fahrer entgegen und wir beherzigen den Rat von Christian: „Vermischt Euch um Gottes Willen nicht mit der Costa!!“
In einer offenen Torbogenhalle an der Bucht von Mutrah werfen wir einen Blick in den Fischmarkt, mit langen gemauerten Podesten voll mit Thunfischen, Hammerhaien, Tintenfischen, Schalentieren und anderen unbekannten Fischarten. Im hinteren Teil können Käufer dann große Tiere entschuppen, ausnehmen und portionieren lassen. Doch lange wird diese ursprüngliche Präsentation nicht mehr zu sehen sein, direkt daneben entsteht ein großer neuer Markt. Vor der Baustelle liegt neben der Aida das prächtige Schiff unseres Sultans vor Anker, natürlich auch in sandbeige gehalten - wie alle Bauten …
Uns aber zieht es in den Mutrah Souk an der Corniche zum Shoppen (Chris: „Die Ehe ist ein workshop: der Mann workt, die Frau shoppt“) und wir schnuppern nach den über allem schwebenden Düften von Weihrauch, Parfüm und exotischen Gewürzen. Auf der Suche nach Wechselstube, Safran, Schals, Lämpchen, Silbersachen, Nüssen und neuen Schuhen für Wolfgang zerfällt die Gruppe, um sich 90 Minuten später befriedigt dann bei einem Lemon-Minze-Drink wieder zu versammeln – stolz, die erworbenen Schätze vorzeigen zu können.
Weiter geht es über die bis 1970 einzige asphaltierte Straße ins „alte“ historische Muscat. Der Name bedeutet Ort des Fallens, vielleicht weil die Stadt an einem zum Meer abfallenden Hang liegt. Die zwei Festungen der Portugiesen aus dem 16. Jahrhundert Fort Al Jalali und Fort Mirani grenzen old Muscat ein und blicken herab auf das „Hirn und Herz des Omans“, den Sultanspalast Qasr Al Alam.
Der modern anmutende indisch angehauchte „Flaggenpalast“ wurde Anfang der 70er Jahre von Qabus in Auftrag gegeben. Ein breiter Prachtboulevard mit Kandelabern, Arkaden und Blumenrabatten führt in gerader Linie zum Eingang des nur zu repräsentativen Zwecken dienenden blau-goldenen Palastes. In Gedanken sind wir bei Bettina Wulff, die hier – im Gegensatz zum Moscheebesuch – passend gekleidet erschien….
Den Nachmittag verbringen wir im aufwändig gestalteten Museum Bait al-Zubair, das Einblicke in die reiche Kunstgeschichte und in alle Bereiche des omanischen Lebens gewährt. Eine typische Landschaft ist in Kleinformat aufgebaut, ein schattiges Café lädt mit Blick auf künstlerisch gestaltete Steinböcke zum Verweilen ein. Die angekündigte Dhau-Fahrt fällt wegen zu viel Wind aus. Inschallah! (Chris betont das Wort auf der 2. Silbe – das gibt dem Ganzen etwas Imperatives: Nun mach schon!)
Den ersten Abend sitzen wir dann unterm zunehmenden Mond am Pool des Hotels Falaj (das ist ein typischer Bewässerungskanal) bei arabischen Köstlichkeiten.
Die Küche des Oman
Hier sind die Jahrhunderte alten Handelswege noch immer lebendig und sinnlich wahrnehmbar. Schon die Lektüre der umfangreichen Speisekarte eines einfachen Mittelklasserestaurants öffnet die Tore zu kulinarisch fernen Welten.
Zwar ist die Küche vorwiegend arabisch, man findet allerdings auch überall indische, philippinische, persische, chinesische, thailändische, italienische, griechische und sogar mexikanische Gerichte. Die omanische Küche unterscheidet sich zum Teil deutlich von Region zu Region. Obwohl die Gerichte möglicherweise denselben Namen tragen, können sie sich dennoch stark voneinander unterschieden, je nachdem in welcher Region des Sultanats man sie isst.
Die Küche des Omans ist eher einfach, gewinnt aber durch die verschiedenen Gewürze und Marinaden einen besonderen Reiz. Grundzutaten sind Reis, der bei keinem Essen fehlt, Hühnchen, Fisch und Hammel, dazu typische arabische Kräuter-Gewürze wie Zimt, Safran, Kardamom, Gewürznelken, Pfeffer, Ingwer, Knoblauch, Muskatnuss und Kreuzkümmel, Knoblauch, Zwiebeln, sowie getrocknete Zitrusfrüchte. Ziegenfleisch haben wir leider, trotz mehrfacher Versprechungen, nicht kosten können.
Spezialitäten der omanischen Küche sind u.a. Shuwa (Fleisch, das bis zu zwei Tagen in Erdöfen langsam gegart wird mit Kräutern und Gewürzen), Maqbous (Reis mit Safran gewürzt und mit scharf gewürztem Fleisch serviert), Arsia (Reisgericht mit Lamm), Halwa (Gelatineartige Masse aus braunem Zucker, Eiern, Honig und Gewürzen, gekocht wird es in riesigen Kupferbottichen über offenem Feuer.), Maqdeed (Getrocknetes Fleisch), Muqalab (Gericht aus Innereien mit gestoßenen Gewürzen), Mishkak (Fleischspieße über Holzkohle gegrillt) und Lokemat (Frittierte Bällchen aus Mehl und Hefe mit Kardamom gewürzt).
Nicht entgehen lassen sollte man sich ein Seafood Erlebnis. Hier kommt der unermessliche Reichtum des omanischen Meeres fangfrisch auf den Tisch. Muscheln, Austern, riesige Gambas und Tintenfische, Thunfischsteaks und gegrillte Seebarsche, Langusten – für jeden Freund der Meeresfrüchte ein Highlight seiner Reise im Oman – auch für uns und auch für die sonst nicht so begeisterten Fischesser.
Getrunken werden Wasser und Kaffee (Kahwa). Der omanische Kaffee ist stark, bitter und meistens mit Kardamom gewürzt. Er wird in kleinsten Quantitäten aus feinen Porzellanbecherchen getrunken und meist mit Datteln, Halwa oder Lokemat serviert. Ein echtes Genussmittel — der ideale Abschluss eines opulenten Mahles.
Weitere beliebte Getränke im Oman sind Laban, eine gesalzene Buttermilch, und verschiedene Joghurt-Getränke, die mit Kardamom und/oder Pistazien gewürzt sind. Wir dagegen haben die Variante aus Zitrone und Minze mit Eiswürfeln vorgezogen– sehr erfrischend!
Montag: Wadis und Schildkröten
Wie bei Thomas üblich heißt es früh aufstehen: um sieben Uhr verlassen wir das besenreine Muscat (der Titel sauberste Großstadt in Arabien wird angestrebt) und folgen der Küstenstraße südwärts, die zwischen dem Golf von Oman und dem östlichen Hadschar Gebirge verläuft. Es herrscht das Lieblingswetter der Omanen: diesig, grau und windig. Alle Straßen sind hell erleuchtet, denn alle 25 Meter erheben sich große Straßenlaternen (die allerdings so hoch sind, dass sie bei dem gefürchteten Nebel nichts nutzen).
In die steilen, schroffen Flanken dieses Gebirgszuges führen immer wieder tiefe Täler und Canyons weit in die Felslandschaft hinein. Sie füllen sich im Monsun mit schnell anschwellenden Flüssen, die alles mit sich reißen, was sich ihnen entgegenstellt: gefährlich für Mensch und Tier.
In Quiriyat steigen wir um in Offroad-SUVs und fahren in unser erstes Wadi, das malerische Wadi Arbean. Und wir entdecken in den Oasen begeistert kleine blaugrüne Seen mit Fischchen, Dattelpalmen, Mangobäume, kleine Dörfer, Kinder, Ziegen, Schafe und immer wieder faszinierende Steinformationen – ein Paradies für Geologen. Besonders angetan haben es uns die Ophialite, die schwarzen Steine.
Christian erweckt Begeisterung: „Therese, gfällt`s Dir? Gisela, ist das nicht wunderschön?“
Unser nächstes Ziel ist das Sink Hole nahe des Fischerdörfchens Bamah: ein 20 Meter tiefer, kreisrunder Einbruch der Karstoberfläche, in die vom 100 Meter entfernten Meer unterirdisch Salzwasser eintritt. Einige Mutige steigen die steilen Stufen hinab, um sich die Sache von unten anzusehen und um die perfekte Akustik zu testen: „Hört`s Ihr uns?“.
Wir freuen uns jetzt auf das Mittagessen im hoch überm Meer gelegenen Hotel Wadi A'Shab – nur Gerrit stürzt sich mit leerem Magen todesmutig in den indischen Ozean (leider wird er später mit einer Erkältung ob des kühlen Windes bestraft…)
Auf dem Weg zum Wadi Tiwi muss der Bus unter einer sehr niedrigen Brücke durch. Christian sieht`s fatalistisch: „Habt`s Ihr was dagegen, offen weiter zu fahren?“
Am Ende des Wadi machen wir einen kleinen Spaziergang hoch in ein kleines Dorf und sehen die ersten aflaj (Singular falaj), die berühmten Bewässerungskanäle, ein UNESCO Weltkulturerbe.
Das Wasser aus Quellen wird seit Jahrtausenden durch kilometerlange offene gemauerte Kanäle mit natürlichem Gefälle bis zu den Oasen geleitet. Mit einem einfachen System können Felder und Terrassen bewässert werden: die Dorfältesten leiten mit Hilfe von Steinen und Stoffballen alle sechs Stunden nach genau festgelegtem Plan das Wasser zuerst zu den Menschen, dann zum Vieh und dann in die Landwirtschaft. Blaue Tanklastwagen holen an Pumpstationen Frischwasser und bringen es bis in die entlegensten Dörfer.
Wir erreichen die Stadt Sur und stehen staunend vor einer Museums-Dhau – Sindbad der Seefahrer lässt grüßen. Die Fatah Al Khair ist ca. 80 Jahre alt, 20 Meter lang und befuhr mit einer Verdrängung von 300 Tonnen als Fracht- und Passagierschiff den indischen Ozean. Die ohne Nägel gebauten traditionsreichen arabischen Holzschiffe werden heute noch nach mündlicher Überlieferung mit einfachen Werkzeugen und in Handarbeit aus Teak- und Akazienholz gefertigt. Zurzeit ist eine Auftragsarbeit aus Katar im Entstehen, die Gerrit natürlich neugierig entern muss und ein eingejagter Spreißl in der Hand bleibt da nicht aus…. Nach dem Genuss von Kaffee und honeyballs aus einem Drive Through mCoffee Shop genießen wir ein typisches arabisches Panorama: Festung, Meeresbucht, Moschee und sandfarbene Häuser. Im Abendlicht ein Traum.
Wo der Indische Ozean und der Golf von Oman aufeinander treffen liegt Ras al-Jinz. Hier befindet sich das seit 1996 existierende 120 km² große Turtle & Nature Reserve, das jährlich bis zu 30.000 Schildkröten zählt, die hierher zur Eiablage kommen oder aus dem Ei schlüpfen. Jeden Morgen und jeden Abend kann man das hier mit etwas Glück beobachten. Der Schutz der Schildkröten wird überwacht vom Scientific & Visitors Center, zu dem auch unser Hotel gehört. Das Forschungszentrum fügt sich in einmaliger Architektur in seine Umgebung.
Um 21 Uhr gehen wir zusammen mit einem Tourguide in stockfinsterer Nacht zum Strand – Lampen, Kameras und Gespräche sind nicht erlaubt. Ein zweiter Guide geht auf die Suche nach den Schildkröten, die bis zu einem Meter lang werden und zwischen 140 und 180 kg wiegen. Er gibt Lichtzeichen und wir nähern uns dem unglaublich großen Tier von hinten. Es liegt in einer Sandkuhle, ca. 50 Meter vom Meer entfernt und legt mit vernehmbaren Schnaufen tischtennisballgroße weiße Eier in ein noch tiefer gelegenes Loch. Wir sind hautnah dabei, als sie im Mondenschein die letzten 10 Eier (von insgesamt 100) herauspresst und dann sofort anfängt, mit ihren Füßen das Loch wieder zuzuschaufeln – immer wieder ermattet Pause einlegend. Wir sind alle ganz ergriffen über dieses Wunder der Natur, vor allem als wir erfahren, dass Generationen von Schildkröten immer wieder an den Strand zurückkehren, an dem sie geschlüpft sind und dass von 10.000 streichholzgroßen Babys nur drei bis vier das Erwachsenenalter erreichen.
Am nächsten Morgen stehen wir um 5 Uhr früh wieder da, und hoffen, dass wir es erleben dürfen, wie die Schildkötenbabys nach ca. acht Wochen Inkubationszeit dem Meer, das im Mondlicht glitzert, entgegen streben. Stattdessen sind wir dabei, wie eine gewaltige Mutterschildkröte ihr zugeschaufeltes Nest verlässt, dann wie ein Bulldozer den Sand durchpflügt, um sich erleichtert mit den ersten Wellen ins Wasser plumpsen zu lassen.
Unser Guide holt drei Mini-Schildkrötchen aus der Tasche, wirft sie in den Sand und demonstriert uns, wie sie sich nach dem Licht richten. Und wir kapieren, warum wir im grauenden Morgen kein Blitzlicht benutzen sollen und für Hotels Lichtreklamen verboten sind. Wir begleiten sie alle drei bis ins Wasser und schützen sie mit unseren Körpern vor den zahlreichen Vögeln, die sich auf einmal am Himmel zeigen und auf leichte Beute hoffen. Vielleicht haben wir es so geschafft, dass eines nach vielen Jahren hierher zurückkommt. Inschallah!
Dienstag: Wüste und Oasen
Unsere Fahrt führt uns vorbei an versteinerten Dünen und bizarren Steilküsten (und einem „Blood Diamond Centre“) Richtung Süden bis wir ins Landesinnere abbiegen. Im Dörfchen Jalan Bani Ali bewundern wir die ungewöhnliche Rashid Al Hamouda Moschee aus dem 18. Jahrhundert, die wir natürlich nicht besichtigen dürfen. Aber das Wichtigste sehen wir ja auch von außen: 52 Kuppeln – für jede Gebetswoche eine.
Nach dem Umstieg in Allradfahrzeuge genießen wir in vollen Zügen einen längeren Stopp im male-risch exotischen Wadi Bani Khalid mit seinen natürlichen Becken zwischen steilen grauen Felswänden. Das seidige türkisfarbene Wasser ist perfekt für langes Schwimmen, die grandiose Aussicht perfekt für ein langes Mittagessen.
Viel zu schnell müssen wir wieder aufbrechen, um unser Camp in der Wahiba Wüste zu erreichen (auf alten Karten noch Shakira-Wüste oder einfach Sands Area), die sich über 15.000 Quadratkilometer erstreckt.
Vor uns fährt ein Konvoi von der studiosus-Konkurrenz und die Truppe hat sich im Beduinencamp schon auf allen Sitzplätzen breit gemacht. Trotzdem lassen wir uns Kardamon-Kaffee und Datteln schmecken – kredenzt von freundlichen Beduinenfrauen und ihren Kindern. Diese leben übrigens nicht mehr wie Nomaden, sondern wurden von unserem Sultan mit komfortablen Reihenhäuschen bedacht. Durch die Aufgabe der traditionellen Lebensweise müssen jetzt die Herdenbesitzer Futter kaufen und zweimal am Tag in die Wüste fahren, um ihre Tiere zu versorgen. Nun ja!
Nach einer knappen Stunde Fahrt über die sandige Piste und vorbei an bis zu 150 Meter hohen Dünen, die je nach Sonnenstand rot oder gelb oder grau schimmern, erreichen wir mit Niederdruckreifen das 1001 Nights-Camp.
Wir beziehen unsere Luxuszelte mit Freiluft-Bad und freuen uns schon auf den Sonnenuntergang hoch auf den gewellten Sanddünen. Gottseidank müssen wir sie nicht erklimmen, sondern werden in himmelstürmender Allrad-Fahrt befördert.
Die Sonnen steht tief am Firmament, der Wind bläst lausebacken kalt und des Scherzens in der Gruppe ist kein Ende. Da muss man sich schon mal Abseits stellen, um die stille einsame Schönheit der Wüste zu genießen. Die Sonnen versinkt spektakulär: Omm…
Das anschließende köstliche und reichhaltige Barbecue können wir leider nicht in vollen Zügen genießen: der Wind weht uns fast davon und die Augen fallen uns zu: wir sind schließlich alle um halb fünf aufgestanden…Inschallah!
Christian tröstet uns: „Bei Dunkelheit sicht ma net so weit, wie bei Tageslicht, wo ma weita sicht“.
Am nächsten Morgen bleibt nach 10stündigem Schlaf leider viel zu wenig Zeit, um alle Schönheiten der sandigen Umgebung in sich aufzunehmen. Hier zwischen den roten Dünen möchte man noch einen Tag verweilen.
Mittwoch: Ibra, Frauenmarkt und Festung
In der alten Handelsstadt Ibra mit ihren 20.000 Einwohnern ist die größte Attraktion der Frauenmarkt am Mittwochmorgen – doch werden hier keine Frauen gehandelt, sondern die Frauen verkaufen auf dem Gelände vor der Frauenklinik ihre Waren (früher war nur am Mittwoch dort Sprechstunde!).
Fotografieren und Männer untersagt! Doch das letztere sehen die Beduinenfrauen anders: sie haben erkannt, dass den männlichen Touris das Geld lockerer sitzt!
Mit den prächtig gewandeten unverschleierten Frauen verhandeln wir nicht über Preise, so wird es empfohlen; sondern bewundern Stoffe, bestickte Schals, Kajal, Parfüm, Kleider und vor allem bestickte Borten und Spitzen.
Die Rolle der Frau in Oman
Der Oman war bis zur Machtübernahme des heutigen Sultans Qabus 1970 ein sehr abgeschlossenes mittelalterliches Beduinen- und Stammesgebiet. Die Stellung der Frau war eine klassische, sie war für Familie und Erziehung zuständig. Das öffentliche Leben teilten die Männer unter sich auf. Nur der Bereich des Tanzes, der Musik und Lyrik war bereits seit jeher eine Frauendomäne. Im ganzen Sultanat gab es vor 1970 nur drei Schulen mit insgesamt 909 männlichen Schülern. Kein einziges Mädchen konnte zur Schule gehen. Obwohl im Oman keine bindende Schulpflicht besteht, werden heute knapp 90% aller Kinder eingeschult, und, wenn nötig, sogar mit Hubschraubern zum Unterricht gebracht. Der Anteil der Mädchen in den Universitäten ist inzwischen auf über 50% gestiegen und es wurde sogar eine Männerquote eingeführt, um diesen ein Studium zu ermöglichen.
Ihre Freiheit verdanken die Frauen im Oman dem Herrscher des Wüstenstaates Sultan Qabus und seiner fortschrittlichen Mutter Mazun. Immer wieder stellt der Herrscher die wichtige Rolle der Frau in den Mittelpunkt. „Ungebildete Frauen können keine freien Kinder aufziehen und vernachlässigte Frauen können nie richtig für andere Menschen sorgen. Wenn Frauen für ihre Aufgabe nicht ausgebildet sind, können sie nichts zum Fortschritt dieses Landes beitragen.“ Diese Aussage von Sultan Qabus in seiner Antrittsrede 1970 macht deutlich, dass die Frau in der omanischen Gesellschaft ihren festen Platz hat. Und so ist die Hälfte aller Studenten weiblich, Frauen steigen schon wenige Monate nach ihrer Schwangerschaft wieder ins Berufsleben ein – dank zahlreichen kostenloser Kinderkrippen und südostasiatischer Kindermädchen.
In seiner richtungsweisenden Rede vom November 2009 hat es Sultan Qabus auf den Punkt gebracht: Oman benötige Männer und Frauen gleichermaßen. Es ähnele dem Vogel, der beide seiner Flügel brauche, um in die Horizonte des Himmels zu fliegen. Wie würde es der Vogel schaffen, wenn einer seiner Flügel gebrochen sei? Könne er noch fliegen? Mit dem im Westen vorherrschenden Bild von Frauen am Golf (verhüllt, entmündigt, weggesperrt) hat die Wirklichkeit in Oman also kaum etwas zu tun. In allen Berufen finden sich Frauen und auch in der Politik, der Wirtschaft und der Weiterbildung haben sie ihren festen Platz. Die Abayas (schwarze weite Überwürfe) und Kopftücher bestimmen zwar das Straßenbild, sie sind allerdings nicht vorgeschrieben wie in Saudi-Arabien. Sie gehören einfach zur traditionellen Kleidung. In den Augen der Araberinnen ist das Tragen des Schleiers ein Beweis für die Tugendhaftigkeit und die traditionelle Gesinnung der Trägerin. Neben diesem traditionellen Gewand sieht man im Straßenbild alle Variationen. Selten, aber es gibt sie: Frauen in knapper Jeans mit moderner Frisur, Frauen im Rock mit Kopftuch, Frauen mit Abaya und vor allem im Süden an der Grenze zum Jemen diejenigen, die sogar über den Augen einen Schleier tragen.
Frauen, die sich scheiden lassen, werden weiterhin anerkannt, sie sind sogar – weil sie sich als stark und durchsetzungsfähig gezeigt haben – als Ehefrauen sehr begehrt. Da arrangierte Heiraten nur noch die Ausnahme sind, können Frauen einen Antrag auch ablehnen, vor allem, wenn der Antragsteller schon weitere Frauen hat, denn die Mehrehe mit bis zu vier Frauen ist noch immer gestattet.
Vor einigen Jahren haben die Frauen im sehr konservativen Nizwa sogar in einer Petition an den Sultan erreicht, dass die Bars, in denen leicht bekleidete marokkanische Damen die Männer mit Bauchtanz erfreuten und dazu brachten, das ganze Geld zu versaufen, geschlossen werden mussten und der Bauchtanz verboten wurde.
Wegen fehlender Zufahrten lassen wir die UNESCO-geschützten Bienenkorbgräber aus dem 3. Jahrtausend v.Chr. links liegen und begeben uns zur Palastfestung Jabrin aus dem 17. Jahrhundert mit dem Titel „schönste Festung des Landes“.
Ihr Erbauer war ein Imam – für ihn ein ungeliebter und ererbter Job - und ein Freund der schönen Künste. Er verlegte seinen Amtssitz von Nizwa hierher um ungestört zu sein (dafür hat Chris mehr als Verständnis). Aber er musste ihn zur Festung ausbauen, als sein Bruder ihn attackierte.
Erst 1980 begann man das verfallene Bauwerk zu renovieren (nicht restaurieren) und so können wir heute die Wohnkultur und die hohe Handwerkskunst der damaligen Zeit bewundern: prachtvolle Holzdecken, steile Treppenaufgänge mit geschnitzten Geländern, maurische Bögen und Wanddekorationen. Lufttürme sorgen für angenehme Temperaturen und zeitgenössisches Mobiliar für eine zauberhafte Ausstrahlung – Teppiche, Porzellan, Töpferwaren. Sehenswert ist auch der Dattelkeller, wo der Saft der gelagerten Datteln in Rinnen aufgefangen wurde. Er soll nicht nur als Süße geschätzt worden sein, sondern auch als Abschreckungsmittel: Über allen Türen gibt es einen Schacht, durch den man von oben den klebrigen heißen Saft über missliebige Besucher goss. Pechmarie lässt grüßen.
Auf der Weiterfahrt hören wir, dass die bedeutende Handelsstadt Nizwa die zweite religiöse Hauptstadt nach Mekka ist – so die inoffizielle Bezeichnung der Imame. Ihr Bewohner sollen bereits zu Lebzeiten Mohammeds, also im 6. Jahrhundert, zum Islam konvertiert sein und bekennen sich zur ibaditischen sehr toleranten Glaubensrichtung, der heute etwa 75% der Omanis anhängen. So steht auch die älteste Moschee des Omans in Nizwa. Hier herrschten die Imame, in Muscat die Sultane. Heute regiert Quabus natürlich über alle.
Wir fahren vorbei an der Großbaustelle einer riesigen neuen Quabus-Moschee, die eher einer Abschussrampe ähnelt, an großzügigen Quabus-Universitätsbauten, am neuen Quabus-Institut für Islamwissenschaften und vielen anderen beeindruckenden Quabus-Großprojekten. Günther bringt es auf den Punkt: „Die Omanen sind Weltmeister im Neubau!“ Recht hat er!
Die alte Hauptstadt Nizwa ist wegen ihres Wasserreichtums ein Zentrum des Obst- und Gemüseanbaus, die bedeutendsten Vieh- und Gemüsemärkte der Region finden hier statt. Da passt es, dass Christian mit uns in Tanuf zu einem Großbauern fährt. Der „Bauer“ entpuppt sich als jovialer pensionierter Major der Armee, dessen ältester Sohn der Chef der Muscat-Bank ist. Er bewirtet uns großzügig mit Keksen, köstlichen Datteln und Dattelkonfekt – perfekt zum Kaffee. Christian: „Esst alles schön auf, dass morgen endlich wieder die Sonne scheint und der Himmel blau ist.“ Die Mütter im Oman sagen übrigens bei solcher Gelegenheit zu ihren Kindern: „Esst schön auf, damit es morgen regnet!“
Dann zeigt der Patriarch uns seine Schafe und Ziegen. Ihr Fleisch soll so köstlich sein, dass die Reichen aus Dubai jeden Preis für sie zahlen. Das einzige Kamel im Pferch will er sich zu einem hohen Festtag im Juli selbst schmecken lassen. Günther despektierlich: „Frag ihn doch mal, wo der Schweinestall ist!“
Die Gespräche sind launig, Sohn und Enkel kommen, Fotos werden gemacht. Wir verabschieden uns mit „Die Gedanken sind frei“ mit Christian als Chorleiter. Der übersetzte Text gewinnt des Bauern Wohlwollen.
Als wir uns vom Bus aus zurückdrehen, kommt der Kommentar aus Westfalen: „Das is aber weit vom Schuss – da kommen die Frauen zum Einkaufen schwer von wech!“ (für Karins und Ulis Ohren ein Gruß aus der Heimat).
Wir übernachten im Golden Tulip Hotel und genießen die laue Nacht mit dem überquellendem Buffet unter freiem Himmel – schade dass man nicht alles probieren kann!
Donnerstag: Bergdörfer und Canyons
Die Omanis besinnen sich mehr und mehr auf ihre Kultur und versuchen, dörfliche Strukturen mit den Häusern in Lehmbauweise zu konservieren. Wir besuchen zunächst das Dorf Al Hamra, die Rote. Umgeben von Palmen und Mangobäumen - bewässert von afalaj – liegt es am Hang in einer Senke und wir können deutlich sehen, wie die Häuser sich an die glatten Felsen schmiegen. In einem traditionellen, mehr als 300 Jahre alten Lehmhaus ist das Museum Bait al-Safah untergebracht. Bunt gewandete alte Frauen führen uns den Alltag früherer Tage vor. Sie kochen Kaffee, mahlen Mehl, backen Fladenbrot und pressen Öl. Wir probieren alles, lassen uns die Stirn mit Ockerfarbe schmücken und versuchen sie nachzuahmen, als sie ihre traditionellen arabischen Gesangstechnik zaghrouta vorführen, bei der Frauen ihre Zunge und ihr Gaumenzäpfchen ganz schnell bewegen während sie gleichzeitig einen hohen Ton singen.
Nach dem schon gewohnten Umstieg in Geländefahrzeuge geht’s es zum Dorf Misfah Al Abriyeen mit seinen am Steilhang angelegten Terrassenfeldern. Christian bringt es auf den Punkt: „Wie in der Kinderbibel!“ Stimmt.
Wir machen einen Spaziergang durch das Örtchen (dessen Bewohner schon etwas genervt sind wegen der vielen unsensiblen Touristen), klettern steile Treppen hinunter, sind dabei als Terrassenfelder geflutet werden, bewundern die seltsamen Blüten der Bananenstauden und die zwei bis dreistöckigen Häuser aus Naturstein, die sich an den Fels krallen. Hier sehen wir auch zum ersten Mal die omanischen „stoanernen Mandl“, mit deren Hilfe und der Sternenkonstellation die Wasserwächter bei Nacht fluten konnten.
Jetzt geht es steil bergauf, unser Ziel ist der mit 3009 Metern höchste Berg, der Jebel Shams. Atemberaubende Ausblicke bieten sich uns auf der Strecke und als wir aussteigen, nähern wir uns vorsichtig und windumtost auf glattem schwarzem Fels, durchzogen mit schnurgeraden weißen Quarzadern, dem Abgrund. 1000 Meter tief geht es ungesichert hinab in den gewaltigen Omanischen Grand Canyon. Und am Himmel kreist ein Adler…
Hier oben war es so einsam, dass ein Bergvolk mit eigener Sprache, dessen Terrassenfelder noch erkennbar sind, erst 1970 entdeckt wurde. Heute kann man in einem Luxusresort mit Pool in kühler Höhe übernachten – unserem Sultan sei Dank!.
Bevor wir am Ende des Tages wieder im Golden Tulip einpassieren, werfen wir noch einen Blick von außen auf die Lehmfestung von Bahla, Hisn Tamah mit ihren 15 Toren und 132 Wachtürmen. Sie gehört zum Weltkulturerbe, weil sie in jahrelanger Arbeit restauriert und nicht renoviert wurde. Da muss wegen der Schließungszeit Gerrit natürlich mutterseelenallein einen Schnelldurchlauf absolvieren – wir anderen stehen nur ehrfürchtig davor….Inschallah!
Freitag: Ziegen und Souks in Nizwa
Am frühen Morgen geht es zuerst zum Ziegen- und Rindermarkt, dem letzten seiner Art im Oman. Es herrscht ein Höllenlärm, Touristen drängen sich zwischen die Händler, verschleierte Frauen in schwarz oder bunt gekleidet passen auf ihre Käufe auf, Kinder werden von ihren Vätern in die hohe Kunst des Handelns eingeweiht. Und alle schauen friedlich, nie fühlen wir uns in irgendeiner Weise bedroht. Ein unglaubliches Erlebnis!
In einem Rundparcours werden die lebenden Waren laut angepriesen. Wenn einer der Umstehenden Interesse zeigt, bleibt der Verkäufer stehen und lässt das Tier befühlen – die Frauen haben das letzte Gefühl und Wort – und geben das nötige Geld. Bei Zustimmung wechselt es den Besitzer und bekommt eine neue andersfarbene Schnur um den Hals. In der Mitte des Runds sitzen alte Männer, die die Rechtmäßigkeit der Geschäfte überwachen. Beduinen tragen den meist rotweißen Turban, die Omanis den kummah, die bestickte Kappe. Und fasziniert betrachten wir die beeindruckenden, edlen, Ehrfurcht gebietenden Antlitze.
Kleidung
Kein Mann in Oman geht ohne Kopfbedeckung aus dem Haus. Sie besteht entweder aus einer runden Kappe, kumma genannt, einem Kaschmirtuch, dem massar, oder einer Kombination aus beidem, wobei der massar über der kumma gewickelt wird.
Das lange Gewand heißt dishdasha und hat drei wesentliche Merkmale: Sie hat keine Brusttasche, vom Kragen baumelt eine Quaste, die in Parfüm getaucht wird, und drittens gibt es sie nicht nur in Weiß, wie in den Emiraten oder Saudi-Arabien, sondern in allen erdenklichen Farben. Darunter trägt "mann" übrigens ein Wickeltuch, den wizaar, der einer Unterhose entspricht.
Nicht nur zu festlichen Anlässen legen viele Omani ihren Krummdolch an, den khandjar. Nur offiziellen Veranstaltungen vorbehalten ist dagegen ein mantelartiger Überwurf in schwarz oder braun, bisht genannt, der an der Vorderseite mit einer Goldbordüre verziert ist.
Auch die Frauen pflegen einen eigenen Stil und hüllen sich in die abaya, einen schwarzen bodenlangen Umhang – freiwillig, es gibt keine Bekleidungsvorschriften. Meist tragen sie eine Hose, den sirwal. Oben weit und bequem, läuft sie an den Knöcheln eng zusammen. Dort ist sie mit Stickereien reichverziert und ein Reißverschluss erleichtert den Ausstieg.
Darüber trägt sie ein bis zu den Knien reichendes Hemd, die kandoura. Es ist ebenfalls verziert und der Hose farblich angepasst. In der Dhofarregion reicht dieses "Hemd", das dort aus schwerem Samt genäht ist, bis zu den Knöcheln, hinten schleift es sogar auf dem Boden nach.
Bei dem Kopftuch, dem lahaf, sind die Variationen - sei es Größe, Farbe oder Muster - nahezu grenzenlos.
Beduininnen und manche Frauen an der Küste und in Städten tragen eine Maske, die burqa.
Viel zu schnell verlassen wir das wurlige Gelände und sehen uns im Kleintiermarkt um, wo Kinder ihre Tauben, Meerschweinchen und Wellensittiche verkaufen. Schließlich begeben wir uns in die Eingangshalle des Riesen-Souk. Beherrscht von Quabus-Porträts und Bildzyklen seiner Lebensgeschichte.
Wir kaufen ein: Datteln in 1A Qualität, geriebene Zitronen, Halva, Halsketten, Weihrauchlämpchen, Schals, Silberwindlichter. Die Männer sind froh, als endlich ein Kamel samt Beduine die Frauen ins Freie lockt.
Anschließend besuchen wir das Fort von Mizwa und den dazugehörigen riesigen Kanonenturm aus dem 17.Jh., der mit einem Durchmesser von 40 m und einer Höhe von 30 m das Stadtbild prägt. Von oben erkennen wir die Ausdehnung der 100.000 Einwohner zählenden Oasenstadt.
Auf der Rückfahrt nach Muscat kommt die Meldung, dass die geplante Dhau-Fahrt ein zweites Mal wegen zu viel Wind ausfällt (Inschallah!) und so haben wir in Birkart Al Mawz Zeit, noch einen der längsten afalaj des Landes in Augenschein zu nehmen. Auf dem erklärenden Schild in Deutsch ist allerdings ein Fehler – der Kanal ist nicht 2.000 Meter lang sondern 20.000…
Sensation: In Muscat regnet es!! Und unser geplantes Essen im Freien löst sich im kleinen Chaos auf. Tränenreich verabschieden wir uns von unserem lieben Chris und trinken auf den Zimmern alle noch vorhandenen Alkohol-Reste auf…
Souvenirs
Im Oman gibt es keine Souvenirindustrie. Das ist keineswegs bedauerlich, denn das Warenangebot der Souks enthält genügend «Mitbringsel», die in ihrer Art originell und sehr landestypisch sind. Dazu zählen die bestickten Kappen der Männer, die bunten Tücher der Frauen, edle Stoffe, und vor allem aber auch die verschiedenen Räucherwaren und speziell Weihrauch. Sein Duft liegt gefühlt über dem ganzen Oman und fehlt in keinem geschlossenen Raum. Die Omanis schwören auf seine Heilkraft und besondere Wirkung. Man sagt, er nährt die Engel, aber auf jeden Fall wehrt er Fliegen und Mücken ab. Ob Weihrauch einen Effekt hat? Es wird zur Mund-Desinfektion gekaut, als verführerisches Parfüm aufgelegt, in Wasser gelöst gegen einen rauen Hals getrunken. Unser kranker Peter hat es probiert – zumindest ist sein Halsweh nicht schlimmer geworden.
Nützliche Andenken sind Gewürze, deren hervorragende Qualität man in der heimischen Küche noch lange nach dem Urlaub zu schätzen weiß. Neben getrockneten und zerstoßenen Zitrusfrüchten ist vor allem der Safran sehr geschätzt und wird - „nur das ist der echte“ (eh klar, Chris) in abgetrenntem Raum nur „Auserwählten“ zugeteilt
Eine besonders schöne Erinnerung ist Schmuck aus Gold und Silber. Über Jahrhunderte hinweg verschmolzen in Oman Gestaltungsideen und Arbeitstechniken des Silberschmiedehandwerks aus den verschiedensten Kulturkreisen zu eigenständigen, neuen Entwicklungen auf hohem künstlerischem wie handwerklichem Niveau. Die kunstvoll gefertigten Armbänder und Ketten zeigen Einflüsse aus Indien, Persien, Europa, Ostafrika und China.
Ein omanischer Krummdolch – ein khanjar – ist zwar kein Schmuckstück im gängigen Sinne, aber doch für Liebhaber wertvoller Silberschmiedekunst ein Highlight der privaten Sammlung.
Das wohl edelste und teuerste Souvenir Omans ist jedoch der betörend edle Duft von Amouage. 1983 wurde der französische Geruchskünstler Guy Robert von Sultan Qabus beauftragt, das wertvollste Parfum der Welt zu kreieren. Kosten spielten keine Rolle! Für das Meisterwerk seines Schaffens machte er sich auf die Suche nach den edelsten Essenzen der Welt, darunter kristallklares Weihrauchharz aus Dhofar und die Felsenrose des Jabal Akhdar. Zu diesen einmaligen Duftnoten fügte er eine subtile Mischung aus Ölen der Lilien und des Jasmin, Myrrhe, Patchouli und Amber. Seine preisgekrönte Kreation Amouage enthält über 120 verschiedene natürliche Düfte und wird in Muscat mit der Hand in Flakons aus Silber, Gold, Halbedelstein oder Bleikristall abgefüllt
Samstag: Ruinen und Kamele in Salalah
Eine Stunde dauert der Flug von Muscat ins Weihrauchland nach Salalah in der Region Dhofar, die lange Zeit der vergessene Teil des Omans war, zumal er bis 1975 in Grenzkriege mit dem Jemen verwickelt war. Die Region Dhofar gilt heute als Erholungsgebiert für alle Araber, die das neblige, nieselige, kühle Monsunwetter aus vollem Herzen genießen und in Tausende von Ferienwohnungen investieren.
Wir werden von Mussallem Hassan Masoud Al Mahri empfangen, einem Beduinen, der vor einigen Jahren erst den Tourismus ins Land gebracht hat. Er spricht gut englisch und deutsch und wird uns seine Beduinen-Sicht auf Land und Leute darbringen.
Die Westfalen beziehen Zimmer im Beach-Resort Salalah, die Münchner in den Arabian Sea-Villas von Mussallem daneben, beide direkt am indischen Ozean. Der öffentliche Strand ist 50 km lang und Tummelplatz für Fußballspieler, nächtliche Rendezvous in SUVs, meditativ sitzende Frauen in ihren schwarzen abayas, Möwen und wandernde Senioren.
Bei der Fahrt durch die Stadt sehen wir nur Neubauten oder Baustellen – die 50 Häuser von vor 1970 ohne Strom und Wasser standen zu nahe am Meer und werden nun alle abgerissen, auch um Hotels Platz zu machen.
Weiter geht es auf einer stetig ansteigenden Straße ins Qara-Gebirge mit malerischen Bildern des ländlichen Dhofa: immergrüne Zedern, Feigenbäume, riesige Termitenhügel, bewachsene Canyons, Grasflächen mit Felsbrocken übersät. Und immer wieder und endlich Kamele ohne Ende mit ihrem wiegenden Gang, ihren langen Wimpern und dem gemächlichen Kauen.
Hier ist nun Zeit für einen kleinen Exkurs über Kamele, die hier allerdings Dromedare sind.
- 30.000 Kamel laufen frei herum (Günther: „Echte Soda-Kamele, sie stehen einfach so da…“).
- Abends kehren sie immer zu ihren Besitzern zurück, da diese begonnen haben, ihnen Frühstück und Abendessen zu servieren. „They prepare to go for diner“ . So spart man die Hütejungen.
- Im Norden werden Kamele für Rennen gehalten, im Süden geben sie Milch und Fleisch
- Sie geben nur Milch, wenn man lieb und diplomatisch ist.
- Es gibt Kamelmilchschokolade, aber keine Kamelmilchbutter.
- Man darf sie nicht schlagen, sie sind sehr nachtragend und beißen.
- Sie sind sehr eifersüchtig
- Sie schwitzen nur im Nacken.
- Sie können mit ihren Füßen nur im Trockenen gut gehen, deswegen werden sie von ihren Besitzern im Winter, wenn die Wege feucht werden, vom Gebirge aus ans Meer gebracht (die Frauen bleiben mit den Ziegen zuhause)
- Kamele lieben getrocknete Sardinen.
- Man trifft sie auch auf Autobahnen.
- Und ihren etwas stolzen eingebildeten Blick erklärt man sich so: Kamele bekamen als einzige von Mohammed den 100. Namen Allahs ins Ohr geflüstert.
Wir kommen zum Grab des Propheten Hiob, der von allen drei Religionen gleichermaßen verehrt und das von Pakistanis gepflegt wird. Wir sind vom Grab etwas enttäuscht, genießen aber den weiten Rundumblick. Im Sommer ist der Hügel als kühles Ausflugsziel von Hunderten Omanis belagert.
Nach einer kurzen Erfrischungspause mit frischer Kokosmilch besuchen wir den Archäologischen Park Al Baleed, der 2007 von unserem Sultan eröffnet wurde - geplant als Besucherpark, bei dem man den Archäologen über die Schulter schauen soll, wenn sie die antike islamische Stätte allmählich ausgraben. Der ganze Komplex ist ein UNESCO Weltkulturerbe. Ganz entspannt lassen wir uns per Golf-Auto von Steinhaufen zu Steinhaufen fahren.
Beeindruckender ist zweifellos das angrenzende Museum of the Frankincense Land (Weihrauchmuseum), das uns mit der Region und der Gewinnung von Weihrauch bekannt macht. Lange stehen wir vor der Abschrift der Rede, die Sultan Qabus am Tag seiner Amtseinführung am 23. Juli 1970 an sein Volk richtete:
Nach diesem langen Tag genießen wir das Luxus-Buffet im fußläufig zu erreichenden Hotel Crown Plaza.
Thronrede des Sultan
Seit seiner Machtübernahme 1970 bestimmt Sultan Qabus bin Said Al Said persönlich die gesellschaftlichen und politischen Richtlinien zur Entwicklung des Landes.
Sein Ziel war und ist, das Land auch in politischer Hinsicht zu modernisieren ohne mit den Traditionen zu brechen. Auszüge aus seiner Thronrede am 23. Juli 1970 zeigen seinen Willen und seinen Denkweise:
„Ich verspreche Euch, dass ich umgehend mit dem Aufbau einer modernen Regierung beginnen werde. Meine erste Maßnahme wird sein, mit sofortiger Wirkung alle unnötigen Bestimmungen, die Euer Handeln einschränken, aufzuheben. Ich werde die notwendigen rechtlichen Schritte einleiten, um die Anerkennung von ausländischen Staaten zu gewährleisten, und ich freue mich auf die unmittelbare Unterstützung und die herzliche Zusammenarbeit mit allen Nationen, insbesondere mit unseren Nachbarn, mit denen wir Beratungen für die Zukunft unserer Region beginnen werden. Ich rufe alle meine Brüder die im Oman leben und die, die unser Land verlassen haben auf, mit mir gemeinsam das neue, moderne, friedliche Oman zu schaffen.
Mein Volk, ich werde so schnell wie möglich damit beginnen, Euch ein Leben und eine Zukunft in Wohlstand aufzubauen. Ein jeder von Euch muss seinen Beitrag dazu leisten. Unser Land war einst stark und berühmt. Wenn wir mit vereinten Kräften arbeiten, werden wir diese ruhmreiche Vergangenheit wieder aufleben lassen und den uns angemessenen Platz in der Welt einnehmen können.
Zu unserer Religion, dem Islam sage ich: In unserer Religion gibt es Toleranz, Moral und Offenheit und im ehrwürdigen Koran rufen alle Verse zum Nachdenken und Überlegen auf. Sowohl Extremismus, egal in welcher Gestalt, als auch Fanatismus, von welcher Glaubensrichtung auch immer geprägt, wären ein giftiger Spross des Hasses im Boden unseres Landes, der nicht zur Blüte heranreifen darf. Der allmächtige Gott hat uns den heiligen Koran herabgesandt voller Weisheit und Einsicht. In ihm hat er die allgemeinen Rechtsprinzipien dargelegt. Gleichzeitig ließ er aber dem Gläubigen die Möglichkeit offen, ihn entsprechend der sich von Ort zu Ort und Epoche zu Epoche wandelnden Bedürfnisse und Ansprüche neu auszulegen. Meine Töchter, ungebildete Frauen können keine freien Kinder aufziehen und vernachlässigte Frauen können nie richtig für andere Menschen sorgen. Wenn Frauen für ihre Aufgabe nicht ausgebildet sind, können sie nichts zum Fortschritt dieses Landes beitragen. Nur Bildung ist der richtige Schutz gegen Terrorismus und Unzufriedenheit.
Mein Volk, meine Brüder, gestern herrschte völlige Dunkelheit, aber mit der Hilfe Gottes wird morgen ein neues Licht über Muscat, Oman und seinem Volk scheinen.
Möge Gott uns alle segnen, und möge er unseren Bemühungen Erfolg schenken“.
Sonntag: Taqah, Sumharam und Bin Ali
Heute begleitet uns als Guide Maria, wahrscheinlich die Lebensgefährtin von Mussalem, eine bekannte Choreografin, Tänzerin, Journalistin und kluge emanzipierte Frau (https://alarba.wordpress.com/about/).
Sie erklärt uns, was den Süden des Oman vom Norden unterscheidet:
- der Einfluss der Stämme ist ungleich höher
- Landwirtschaft ist Wirtschaftsfaktor Nummer 1
- Es ist eine orale Gesellschaft
- Traditionen werden mit der Muttermilch aufgesogen (Frauen sind hier mehr und freiwillig verschleiert)
- Im Norden sind drei Kinder normal, im Süden zehn. Erklärung von Mussalem: „Die Frauen parfümieren sich hier mehr und die Männer essen mehr Kamelfleisch“.
- Das Leben im Süden vom Oman ist billiger als im Norden, das Leben im Norden ist billiger als in Dubai und Dubai ist billiger als Europa.
Der Kommentar von Maria: „Wer bin ich zu urteilen? Jeder soll seinen eigenen Weg gehen.“
Das alte Fischerdorf Taqah, ist bekannt für seine getrockneten Sardinen und für seine alten, traditionellen Dhofari-Häuser. Wir besuchen das 300 Jahre alte Taqah Schloss, früher die offizielle Residenz des ’Wali’, des Obersten der Regionalregierung mit seiner typisch bunten Inneneinrichtung, dem Ziehbrunnen im Innenhof und dem Turm, von dem man einen herrlichen Blick auf die Stadt hat. Und auf die zweitälteste Moschee des Landes – sie ist 35 Jahre alt….
Die archäologische Stätte Sumharam ist der Höhepunkt am Vormittag. Diese Stadt lag einst als östlichster Vorposten des Königreiches Hamdrawat an der alten Weihrauch-Route, die bis zum Mittelmeer, zum Persischen Golf, nach Mesopotamien und bis nach Indien führte. Hier wurde verschifft, was endlose Kamelkarawanen herbei schafften; die Hafenstadt war einer der größten Handelsplätze für Weihrauch. Heute gehört die Anlage, die zwischen dem 4. Jahrhundert vor und dem 5. Jahrhundert nach Christus – also in vorislamischer Zeit – errichtet wurde, zum UNESCO Weltkulturerbe.
Von Bedeutung sind die in den Mauern eingelassenen Schrifttafeln, die unter anderem Auskunft über die Anfänge der Stadt geben. Dass sie irgendetwas mit der legendären Königin von Saba zu tun hat, wird von Maria ins Reich der Fabel verwiesen. Bei einem Blick vom obersten Hügel erfassen wir die riesige Dimension der Stadt und ihre Lage an einem perfekten Naturhafen.
Die beiden weißen Kuppeln des Grabmals des Heiligen Bin Ali sieht man schon von weitem. Der 1161 verstorbene Scheikh genießt ein sehr hohes religiöses Ansehen und sein Grab im jemenitischen Stil ist eine bekannte Pilgerstätte. Umgeben ist der Kuppelbau von einem alten moslemischen Friedhof, der eindeutig sunnitisch geprägt ist (Bin Ali kam aus dem Jemen). Das erkennt man vor allem an den Grabsteinen am Kopfende, die an die Gebetshaltung der Sunniten (Hände nach oben) erinnern (die Ibaditen lassen die Hände unten). Günther bringt es wieder auf den Punkt: „Hier hat der Friedhofsgärtner aber keine Arbeit!“
Beerdigungsrituale
Die Rituale um die Beerdigung eines Toten richten sich nach den religiösen Lehren und unterscheiden sich geringfügig je nach Volksgruppe und deren überlieferten Praktiken. Alle sind sich jedoch darin einig, dass die Würde des Toten gewahrt werden muss, bei Männer wie Frauen gleichermaßen. Da die Omanis früher Nomaden waren, kennen sie unseren christlichen Totenkult und die Pflege der Grabstätten nicht.
Wenn ein Mensch stirbt, werden die Verwandten und Freunde schnellstens benachrichtigt, müssen alles stehen und liegen lassen und zur Beerdigung eilen. Wegen der klimatischen Bedingungen (und nicht, weil es der Koran vorschreibt) werden die Toten noch am gleichen Tag bestattet.
Die Rituale beginnen mit der Waschung des Toten, der dann parfümiert und in ein weißes Totengewand gewickelt wird. Die Bahre wird auf den Schultern zum Friedhof getragen wo für den Toten um Gnade und Vergebung sowie für seinen Eintritt ins Paradies gebetet wird.
Danach wird er erneut aufgenommen und nun bis zum Grab getragen. Das Grab ist eine der Größe des Toten angepasste Grube und nach Mekka ausgerichtet. Dort wird er hineingelegt und das Grabloch mit Erde aufgefüllt. Bei diesem Ritual sind nur die Männer anwesend, während sich die Frauen um das anschließende Essen kümmern, Sie gehen dann später zur Grabstelle.
Wird eine Frau Witwe, so sammelt die Trauergesellschaft mindestens 10.000 Rial, damit sie mit den Kindern über die Runden kommt und sie wohnt noch mindestens neun Monate im Schutz der Familie, damit sie nicht in den Verdacht der Untreue gerät, falls eine Schwangerschaft besteht.
Meistens gibt es keinen Hinweis darauf, wer in einem Grab beerdigt ist. Die Markierung mit schlichten, aufrecht stehenden Steinen gibt jedoch Auskunft über das Geschlecht des Begrabenen. Zwei jeweils an den Enden des Grabes aufgestellte Steine kennzeichnen die letzte Ruhestätte eines Mannes, ein dritter in der Mitte die einer Frau. Einige Leute jedoch schreiben den Namen des Toten auf einen Stein oder eine kleine Tafel, wo er dann mit der Zeit verblasst.
Geht ein Omani an einem Friedhof vorbei, so betet er: „Allah, ich denke an die Toten und wenn meine Zeit kommt, bin ich bereit“.
Wir erreichen das mittelalterliche Mirbat, die alte Hauptstadt Dhofars, bekannt durch ihren Pferdehandel, reich durch Weihrauchhandel.
Maria nennt den Ort „Oman in a nutshell“, denn mit einem Auge können wir Jahrhunderte Baukultur erkennen: gotische Rundbögen, mittelalterliche Holzfenster, von den Engländern zerbombte und nun dem Verfall anheim gegebene einst prächtige Kaufmannshäuser. Hier entdecken wir den Balkon von Julia, die auch im Oman ihren Romeo anschmachtet.
In das Fort von Mirbat hatten sich in ihrem Kampf gegen Sultan Qabus 1972 die dhofarischen Aufständischen zurückgezogen. und machten sie so zum Schauplatz einer der weltweit letzten Schlachten um eine Festung
Auf dem Weg zurück nach Salalah besuchen wir noch ein weiteres Beispiel für die Wasserversorgung im Oman. Die Wadis, die sich durch den Monsun in reißende Wasserläufe verwandeln, kennen wir ja schon. Nun stehen wir vor dem klaren Grün eines ayn, einer unterirdischen Quelle, in der sich die Kamele laben, wenn sie sich nach dem Monsun wieder in ihre Bergdörfer begeben.
Vollgestopft mit Infos genießen wir das Essen im Baalbek, einem bekannten libanesischen Restaurant, das uns mit einer raschen Folge von vielen Gängen verwöhnt – von hummus über Salat, von Fladenbrot mit Linsen bis zu köstlichen Fleischspießchen.
Derart gestärkt machen wir uns auf in den Westen von Salalah. Wir kommen an einer weitläufigen Freihandelszone mit Containerhafen vorbei, einem Schlachthof für somalische Rinder und einem riesigen Steinbruch-Areal für Zementherstellung – Quabus sei Dank. Nach 40 Kilometern erreichen wir Mughsayl, ein Fischerdörfchen mit einer großen Lagune, die sich zu einem Paradies für Ornithologen entwickelt hat. Wir sind aber mehr an den Blow Holes interessiert, einer echten Attraktion für Einheimische und Touristen.
Unerwartet schießen bei Flut mit lautem Gurgeln bis zu 10 Meter hohe Wasserfontänen an verschiedenen Stellen aus dem flachen dunklen Felsplateau. Eine hohe steile Felswand liegt wie eine offene Kuppel über dem Geschehen und Phantasiebegabte erkennen einen Hund und eine Schildkröte aus Stein.
Wir haben leider das Pech einer ruhigen ablandigen See, brauchen also keine Dusche zu fürchten und können uns nur im brausenden Wind über den Löchern umtosen lassen.
Maria hat eine besondere Beziehung zu den Frauen im Oman und führt uns zu Ständen im Haffah-Soukh von Salalah, die von fotoscheuen Frauen geführt werden und bei denen wir Weihrauch erster Qualität und selber gemachtes Parfüm erstehen können.
Letzter Programmpunkt des heutigen Tages ist der Fotostopp beim Al Husn Palast, dem „Offiziellen Palast von Seiner Majestät dem Sultan“, in dem er geboren wurde. Seinen Vater entmachtete er hier 1970 kurzerhand. Seine Mutter war – obwohl Analphabetin aus dem Gebirge - eine sehr kluge und Frau und wurde im Oman zur Vorreiterin der Frauenbewegung.
Abends begeben wir uns in einen kleinen Supermarkt und erstehen das Nötigste für ein Picknick auf der Dachterrasse unserer Villas: Tomaten, Kräcker, Chips, Thunfisch, Malzbier (!), Scheibletten, Schmelzkäse. Und holen uns verstohlen Schwarzhandel-Bier - Quabus sei Dank - aus dem Nachbarhotel.
Romantischer Sonnenuntergang inklusive!
Montag: Das leere Viertel, Picknick in der Wüste
In Geländewagen geht es heute in die Wüste, ins leere Viertel Rub al Khali, der größten Sandwüste der Welt.
Doch bevor es durch die Steinwüste zur Kieswüste und schlussendlich in die Sandwüste geht, gibt es vorher noch viel zu sehen:
- Stilvoll beleuchtete vierspurige Ausfall-Straßen
- Eine riesige Militärbasis
- Eine riesige Geflügelfarm am Horizont
- Ständig Abzweigungen nach „Thumrait“, so dass wir das schließlich als Schild für einen U-Turn vermuten. In Wirklichkeiten ist es aber der Name eines kleinen Beduinen-Dorfes…
- Pro Kilometer gibt es eine Wadi-Warnung mit entsprechenden Schildern (in den letzten 5 Jahren fiel hier kein Regen)
- In der Ebene deuten immer wieder Reifen am Straßenrand auf Zufahrten zu Farmen hin, die hier mit Grundwasser in großem Stil Gras pflanzen, um Heu für Kamele und Rinder zu verkaufen – da fürchten alle um ihre unterirdischen Quellen….
Nach einer langen Offroad- Strecke erreichen wir die ersten Dünen und die blöden studiosus-Leute sind schon wieder vor uns da. Da heißt es eine Düne zu suchen „auf der noch nie ein Tourist war!“ – oder wenigstens ohne fotostörende Spuren.
Und gleich bleiben zwei Fahrzeuge im Sand stecken. da heißt es Luft ablassen, den dishdash ausziehen und schwitzend schieben…
Nach einem viel zu kurzen Omm…-Aufenthalt geht es zurück zu schattenspendenden Felsen für ein kleines Picknick, das Mussadem und unsere Fahrer vor uns ausbreiten: Obst, Salat, Fladenbrot, Hühnchen, Eier, Kamelfleisch, Käse, eisgekühlter Mangosaft, Kaffee, Halva, Datteln. Herrlich!!!
Wenn da nur nicht die Abermillionen Fliegen wären, die sich auch auf das Picknick stürzen (und angeblich direkt von der Geflügelfarm kommen).
Doch Schluss mit Hygiene und Etepetete: wir entschließen uns zum Genuss.
Am Nachmittag erreichen wir die verschwundene Stadt Ubar. Sie lag strategisch günstig für den Handel mit Gewürzen und Weihrauch zwischen Nord-Arabien und Indien. Legenden, die Beduinen noch heute kennen, erzählen vom sagenhaften Reichtum der Stadt, vom lasterhaften und gottlosen Leben der Bewohner und dem Strafgericht Allahs, das über sie hereinbrach und die Stadt zerstörte. Auch der Koran und die Geschichten aus 1001 Nacht erzählen von der versunkenen Stadt.
Erst Aufnahmen von NASA-Satelliten zeigten ein Wegenetz, das durch die Wüste zu einer Ortschaft führte; 1991 begann ein englischer Abenteurer mit den Grabungen, und es stellte sich heraus, dass er das „Atlantis der Wüste“ gefunden hatte. Wir machen einen Spaziergang rund um die Ausgrabung, die inzwischen UNESCO-Weltkulturerbe ist.
Leider ist Mussadem eine Laus über die Leber gelaufen und er verstummt. Schade, denn wir hätten gerne mehr erfahren über „Atlantis“.
Genauso geht es uns bei einem lang erwarteten Besuch eines Weihrauchbaumes und so folgen hier mehr angelesene als gehörte Weisheiten:
- Weihrauch aus dem Oman ist der beste
- Einen Weihrauchbaum kann man nicht züchten und nicht versetzen. Er wächst zwar auch woanders, harzt dann aber nicht mehr – also sind Plantagen nicht möglich.
- Die Bäume sind heute frei – jeder kann ernten. Hier vor allem Somalis.
- Mit einem scharfen Messer – manquaf genannt – werden ja nach Alter eines Baumes zwischen 10 und 30 Schnitte in die Rinde gesetzt
- Die austretende harzige Flüssigkeit bleibt 14 Tage am Baum und wir dann wegen minderwertiger Qualität entfernt.
- Erst das Harz nach der dritten Einkerbung hat hohe Qualität, ebenso wie das letzte in der Erntezeit zwischen April und Juni.
- Der Ertrag liegt je nach Alter des Baumes zwischen 3 und 10 Kilogramm
- Alle sieben Jahre ist Erntepause für den jeweiligen Baum
- In der Provinz Dhofar werden heute 7.000 Tonnen im Wert von ca. 30 Mio Rial , das sind derzeit 70 Mio Euro.
- Das teuerste ist weißer durchscheinender Harz.
Das Abschiedsessen der Großgruppe - eingeleitet von einer Lesung über die vierte Reise von Sindbad dem Seefahrer (die anderen wurden von Uli schon im Bus gelesen) – ist ein indisches Buffet im Nachbarhotel. Wolfgang und Günther halten als Gruppenälteste die Abschiedsrede und singen das hohe Lied von Thomas, der Nord und Süd so behutsam vereinte und die Reise zu einem unvergesslichen Ausflug in die Welt von 1001 Nacht machte. Ein Hoch auf Thomas!
Für uns Münchner folgen drei Tage des Luxus, der Völlerei und des Dolce far niente!
Hier sollen nur noch die Bilder vom Shangri-La's Barr Al Jissah Resort and Spa, Abteilung Al Bandar vom ruhmreichen Ende einer ruhmreichen Reise berichten und Appetit für andere machen, den zauberhaften Oman zu besuchen.
Lang lebe der Sultan! Inschallah!
Viel Spaß beim Lesen wünschen Uli und Karin
Typisches, rekordverdächtiges, skurriles Oman
Andere Länder, andere Sitten – so steinalt dieses Sprichwort auch ist, an Gültigkeit hat es auch im Oman nicht verloren.
Nationalflagge
Nachdem Sultan Qabus bin Said 1970 die Herrschaft übernommen hatte und gleich das ganze Land von „Sultanat Maskat und Oman“ in „Oman“ umbenannte, eröffnete er anschließend einen Flaggenwettbewerb zur Gestaltung einer neuen Nationalflagge. Dabei führte Oman, wie auch die Scheichtümer am Persischen Golf, traditionell die rote Flagge der Seefahrerdynastien.
Heute besteht die Flagge aus einem vertikalen roten Streifen am Flaggenmast und von dort abgehenden horizontalen weißen, roten und grünen Streifen. Im vertikalen roten Streifen ist das Staatsymbol der herrschenden Dynastie eingefügt. Bei den Farben steht Weiß für den religiösen Führer des Landes, den Imam, Grün für den Hadschi und die Wallfahrer nach Mekka und Rot für die Landeshauptstadt Maskat.
Wunderberge
Die Märchen aus 1001 Nacht stammen zwar aus Persien, doch auch Oman hat Wundersames, etwa die Magic Mountains beim Ort Mirbat im Süden des Landes. Wer sich selbst davon überzeugen will: Der Guide fährt die Gäste zu einem Hang. Dann stellt er den Motor ab, und das Wunder beginnt: Das Auto rollt den Berg hinauf. Freilich nicht ganz von allein – magnetische Kräfte ziehen ihn hoch, sagen die Omani.
Kamelwettbewerb
Da Kamele im Oman eine große Rolle spielen, wird einmal im Jahr ein 14tägiges Fest rund um diese Tiere veranstaltet. Dann erfreuen sich die vielen Clans und Besucher an Schönheitswettbewerben der Kamele, Kamelmelken, Kamelrennen und Kamelauktionen mit ca. 25.000 Tieren.
Flächendeckende Netzabdeckung
Im Oman laufen die Stromtrassen teilweise in bis zu 7 Spuren nebeneinander. Auf der Strecke zwischen Muscat und Sur konnten wir sogar neun Stück zählen. Aber zwei Spuren verliefen quer ins Nirgendwo. Willkommen im Fortschritt: Neben alten Masten, die bereits mehrspurig parallel existieren, verlaufen brandneue immens große rotweiße Überlandmasten, die sich „schön“ von der braungrauen kargen Natur abzeichnen.
Wer sein Auto liebt, der putzt
Wie jeder Wüstenstaat hat der Oman ein latentes Wasserproblem. Doch wenn es um die Sauberkeit seines Autos geht, konkurriert der Omani fast schon mit Deutscher Gründlichkeit und liebevoller Pflegezuwendung zum fahrbaren Untersatz. Dieser wird nämlich poliert und gewaschen als gäbe es kein Morgen im Morgenland.
Schuld an diesem Putzfimmel, ist der Sultan, der ein besonders reinheitsliebender Mann zu sein scheint. Er setzt stark auf „Beautification“ im ganzen Land und insbesondere auch des Straßenbildes und hat daher verfügt, dass Fahrzeuge nicht schmutzig sein dürfen (gar nicht so einfach in einem staubigen Wüstenstaat), ansonsten drohen Geldbußen von 40 OR.
Straßenbeleuchtung
Möglicherweise hat dieser Punkt auch mit Sultan Quabus Beautification zu tun, denn hübsch sind sie schon anzusehen, die verschnörkelten, warm gelb leuchtenden Straßenlaternen, die selbst Ausfall und Überlandstraßen über Hunderte Kilometer zieren – und das im Abstand von 25 Metern.
Zum einen sollen sie bei Nebel, der während der Monsunzeit übers Land zieht, den Autofahrern die Sicht verbessern, zum anderen sind sie nötig, da regelmäßig Kamele auf der Autobahn ihren Weg zum häuslichen Futterplatz nehmen und die von Natur aus nicht beleuchtet sind.
Mietwagen
Damit der Besuch bei einer Freundin nicht auffällt, nehmen sich junge Omani am Wochenende einen Mietwagen und können so bei einem Besuch bei der Dame ihres Herzens nicht identifiziert werden.
Steht nicht im Koran
Verbot des Schweinefleisches – dies hat den ganz pragmatischen Grund, dass Schweine – so wie Menschen – Allesfresser sind und so den Menschen das Essen wegfressen.
Beerdigung am gleichen Tag – dies ist der großen Hitze geschuldet.
Gesichtsmaske der Frauen – schützt vor der extremen Sonne
Hausanstrich
Nach einem Erlass des Sultans, kann jeder Hausbesitzer sein Haus alle fünf Jahre auf Staatskosten weißeln lassen.
Urlaubsland der Omani
Wer es sich als Omani leisten kann, fährt im Urlaub in eine Gegend, in der es kühl und bedeckt ist und wo es oft regnet. Der Omani liebstes Ferienziel ist Seefeld in Österreich - („weißt eh“)!
Brücken
Die Brücken in der Stadt dürfen von Autobussen und Lastwagen nicht befahren werden, da sie nicht auf das Gewicht ausgerichtet sind. Diese müssen von der Stadtautobahn abfahren, eine Kreuzung mit Ampelschaltung überqueren und dann wieder auf die Straße einfahren.
Hinweisschilder vor Wadis
Wadis können sich bei einsetzendem Regen blitzschnell in reißende Flüsse verwandeln, deshalb stehen an den Straßen oftmals Pfähle, die den Wasserstand markieren. Hat die Wassermarke die rote Farbe überschritten, darf man nicht weiterfahren.
Sleeping Policemen
Sie sind sicher berechtigt, aber sie nerven – die Bodenwellen auf den Straßen, die Bremsen und langsames Überfahren erzwingen, will man nicht mit dem Kopf am Autodach anstoßen. Damit sie nicht übersehen werden, gibt es wieder entsprechende Schilder
Überholverbot in der Wüste
Die Straße führt schnurgerade durch eintöniges Land, trotzdem verbietet ein Schild das Überholen (welcher tüchtige Vertreter hat hier Verkehrsschilder an den Mann gebracht?)
L'état cèst moi! Sagt der Sultan
- Frauenquoten in allen Berufen
- Männerquote musste an der Uni eingeführt werden
- Visaquote für weibliche Zuwanderer (alle Stellen sollten von Omanis besetzt werden, da erste Anzeichen von Arbeitslosigkeit)
- Gratisgesundheitssystem (mit evt. Auslandsbesuch)
- Keine Steuern
- 1 Liter Super kostet 24 Cent
- Tägliches Nettoeinkommen des Sultans 50 Mio USD
- Europäischer Hygienestandard – trinkbares Leitungswasser im ganzen Land
- Wasser per Tank auch für entlegenste Gegenden
- Mit 23 Jahren erhalten alle Omanis in ihrer Heimatgemeinde ein 800qm Grundstück – das erklärt die Zersiedelung der Orte, ist aber ein Mittel gegen Landflucht. Das Grundstück darf fünf Jahre nicht verkauft werden.
- Am Tag der Unruhen in Kairo erhielten alle Staatsbedienstete 25 % mehr Gehalt und es wird Arbeitslosengeld eingeführt.