ISLANDGötter, Gletscher
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Im Traume hört ich Odins Ruf
er lockte mich zur Reise
zum Wunderland, das er erschuf
mit Glut tief unterm Eise.
Ganz tief in mir fühl ich, ich werde
zu diesem Land einst fahren,
zu schau'n die Wunder dieser Erde
und sie im Herz zu wahren.
Wo eisbedeckte Gipfel ragen
und Lava rot zu Tale fließt,
möcht lauschen ich den alten Sagen
aus denen mancher Ase grüßt.
Die Sehnsucht hin zu diesem Land
der Gletscher und Geysire,
durch Odins Ruf in mir entstand.
Ich harr, dass er mich führe.
Unbekannter Autor
Wir bedanken uns bei der Teilnehmerin der Reise Frau Ulrike Wolz für die Erlaubnis, den nachfolgenden Text auf unserer Website zu veröffentlichen. (Frau Ulrike Wolz im Internet)
Vor Antritt der Reise war ich mir nicht sicher, ob Odin mich nach Island rief. Ich hatte eher den Eindruck, mein Mann wollte mich mitten im August ins Land der Kälte und des Regens, des Nebels und der Gischt entführen. Nun aber nach einer Woche Sonnenschein, klarer Sicht und nur gelegentlichem Nieselns, bin ich mir sicher, dass es Odin höchstpersönlich war, der mich ins überwältigend schöne Island zur Glut tief unterm Eise lockte.
Führen tat statt Odin zwar Guide Matthias, aber es war bestimmt der Donnergott, der aus ihm sprach:So viel wusste er über dieses Land hoch im Norden, so viel Liebe zur Natur und zur Sagenwelt ließ er spüren. Locker gingen ihm nach nur sechs Jahren Aufenthalt auf der Insel auch die schwierigsten und längsten Worte der isländischen Sprache - Bæjarstadarskógar oder Hraunhafnartangi - und über die Lippen.
Kochendheiße Erde
Nach einer Woche und 2.500 km Fahrt rund um die Insel, die so groß ist, wie Bayern und Nordrheinwestfalen zusammen (einprägsam für unsere bayerisch/preußische Gruppe) haben wir den Eindruck, als ob wir uns auf einer heißen Suppe bewegen. Da raucht und dampft es aus der Erde, da blubbern kochendheiße Quellen, da türmen sich Schwefelberge auf, da gehen wir über warme Steine. Erstmals steigt uns stechender Schwefelgeruch in Deildartunguhver in die Nase. Die größte Heißwasserquelle Islands lässt pro Sekunde 180 Liter und 100 Grad heißes Wasser sprudeln. Kein Wunder, dass mit dieser Energie die naheliegenden Orte Borganes und Akranes und zahlreiche Gewächshäuser versorgt werden können. Und man sich an Ort und Stelle mit frischen Tomaten eindecken kann. 250 solcher Niedrigtemperatur (!)-Quellen gibt es und dazu noch 30 Hochtemperaturgebiete. Unser erster Schock: beim Duschen in Reykholt riecht das heiße Wasser aus der Leitung auch nach Luzifer - und später dann die eigenen Haare……
Staunend stehen wir dann vor dem ältesten Baudenkmal Islands, dem heute noch benutzbaren Freiluft-Whirlpool des Dichters Snorri Sturluson, der zusammen mit zehn Freunden hier im 12. Jahrhundert den Badefreuden frönte und seine Prosa-Edda diskutierte. Der unterirdische Gang zu seinem Haus bewahrte ihn jedoch nicht vor seinen Feinden, die ihn trotz Zusicherung freien Geleits erschlugen. Sie ahnten nichts von seinem Beitrag zum Weltkulturerbe…..
Richtig heiß unter unseren Füßen wird es beim Spaziergang in der vulkanisch aktiven Landschaft des Krafla in der Nähe des Myvatn, sprich Mückensees. Der Vulkan, der zwischen 1975 und 1984 achtmal ausbrach, hinterließ mit unvorstellbarer Kräften ein Gebiet von teuflischer Schönheit. Schwarze Lava, soweit das Auge reicht, garniert mit zerklüfteten Hügeln und schwarzen Bergen. Unser Weg führt uns vorbei an Kraterseen mit grünem Wasser, an gelben zischenden und brodelnden Schwefelhügeln, an warmem rissigen Gestein mit tiefen Spalten und dampfenden Löchern. Ein faszinierender und furchterregender Anblick.
Wie groß die Gewalt des unterirdischen Feuers in Island ist, demonstriert uns dann der Geysir Strokkur, zu deutsch Butterfass, in der Nähe von Selfoss an der Südküste. Sekunden vor der Eruption bildet sich eine mit Luft oder Dampf gefüllte Wasserglocke über dem zwei Meter großen Schacht, die in wunderschönen Blautönen schillert.
Und dann schießt die Fontäne der Springquelle 30 Meter in die Höhe und fällt nach wenigen Sekunden wieder in sich zusammen. Urkundlich erwähnt werden Geysire auf diesem Thermalfeld schon seit dem Jahre 1294, der noch junge Strokkur macht seine Bewunderer erst seit 1965 alle sechs Minuten nass.
Nach fünf Tagen Island sind wir wahre Lava-Experten geworden: Dank der Erklärungen von Matthias können wir zwischen Tafel– und Tuffbergen unterscheiden, geht uns das Wort subglazial locker von den Lippen, kennen wir Pseudokrater und Tephra-Vulkane, entdecken wir Stricklava und Schlackenlava. Und beobachten fasziniert, wie sich Moose und Flechten der zerklüfteten fußbrecherischen Lavabrocken bemächtigt haben und sie nun für Schafe interessant machen. Stets im Dreierpack leben die Schäfchen im isländischen Sommer frei und wandern auf der Suche nach leckeren Kräutern bis zu hundert Kilometer weit. Wir begegnen ihnen überall: in der grünen Sanftheit weiter Küstenstriche genauso wie in der kargen Ödnis des Hochlandes, in den Gletscherflussdeltas, den Sandern genauso wie an steilen Berghängen.
Eiskalte Berge
Neben den feuerspeienden Vulkanen verändern Wasser und Eis ständig und manchmal sehr schnell das Gesicht der Insel. Die riesigen Eismassen der fünf Gletscher, die tosende Brandung des Meeres, die reißenden Gletscherflüsse und der Wechsel von Frost und Tauwetter nagen genauso schnell am Land wie Erdbeben und Vulkanausbrüche es zu vergrößern suchen.
Unsere erste Begegnung mit dem Gletscher Vatnajökull, mit 8300 Quadratkilometern größer als alle kontinentalen zusammen, haben wir in Höfn. Von diesem hübschen kleinen Hafenstädtchen an der Südküste aus, haben wir einen weiten Rundumblick auf die vielen Gletscherzungen, die aus der 1000 Meter dicken Eisschicht am Gipfel weit ins Tal reichen - an einer Stelle sogar bis ins Meer. Hier wartet auch einer der vielen Höhepunkte dieser Rundreise auf uns: die Fahrt mit dem Amphibienfahrzeug hinein in die Gletscher-lagune Jökulsárlón. Im 200 Meter tiefen blauen See schwimmen türkis schimmernde Eisberge, mit schwarzem Lavastaub bedeckte Schneebrocken und glasklares Gletschereis mit Robben und Entenfamilien um die Wette. Schnee und Sonne tauchen alles in gleißendes Licht und fotogene Wolken verändern fortwährend die Schatten, so dass die Eisberge lebendig werden.
Der isländische Literaturnobelpreisträger Halldór Laxness beschreibt das so: „Wo der Gletscher aufragt, hört das Land auf, irdisch zu sein, und die Erde hat Anteil am Himmel, dort wohnen keine Sorgen mehr, und deshalb ist die Freude nicht nötig, dort herrscht allein die Schönheit, über jede Forderung erhaben.“
Donnernde Wasser
Welcher Wasserfall ist der schönste? Die Wahl fällt außerordentlich schwer, so viele haben wir bewundert, so unterschiedlich sind ihr Aussehen und ihre Lage.
Ist der Barnafoss bei Reykholt nicht farbenprächtig mit seinen vielen breiten Kaskaden über schwarzes Lavagestein, bewachsen mit grasgrünem Engelwurz? Grandios ist der Dettifoss , der auf 100 Meter Breite sein graubraunes Gletscherwasser 40 Meter donnernd in die Tiefe eines Canyons schickt, der sich 25 Kilometer hinein in den Nationalpark Jökulsárgljúfur erstreckt. Wir genießen es, durch ein Steinfeld bis ganz nah an die tosenden Wassermassen heran laufen zu können.
Der Skógarfoss beeindruckt uns mit einem wunderschönen Regenbogen, als wir bis zur Hälfte des 60 Meter hohen Wasservorhangs hoch geklettert sind. Die Saga geht, dass der erste Siedler eine Kiste mit Gold dahinter versteckt haben soll. Wir glauben es sofort.
Oder ist in der Abendsonne doch Gullfoss, der goldene Wasserfall, der schönste? Hier stürzt der Gletscherfluss in zwei Stufen, die rechtwinklig zueinander stehen, insgesamt 32 Meter tief in eine gewaltige Schlucht im Hochplateau in der Nähe von Reykjavik.
Einzigartig ist auch der Svartifoss, der vor einer Wand aus regelmäßig geformten schwarzen Basaltsäulen niederfällt, die wie gewaltige Orgelpfeifen wirken – und im Hintergrund glitzert das Eis des Gletschers Vatnajökull.
Mich persönlich aber versetzt der Godafoss - 50 km von Akureyri entfernt - in meditative Stimmung. Der Wasserfall ist nicht sehr hoch, fasziniert aber durch seine Breite und die Form, die an ein Hufeisen erinnert. In drei unterschiedlich breiten Läufen ergießt sich der Fluss über das dunkle Gestein in die Tiefe und kommt mir mit seiner Gischt wirklich vor wie der „Wasserfall der Götter“. Denn hier soll im Jahre 1000 der Gode der Region nach der Annahme des Christentums seine alten Götterstatuen den tosenden Wassermassen übereignet haben.
Harte Wikinger
Die Isländer sind stolz auf ihr Land knapp unterm Polarkreis, sie sehen sich als direkte Nachfahren der Wikinger und sind - bei circa 350.000 Einwohnern - irgendwie alle miteinander verwandt. Man redet sich beim Vornamen an - auch den Präsidenten und den Bischof! Der zweite Name gibt nur den Vornamen des Vaters mit Zusatz –son oder -dóttir an. Jeder kennt jeden, so scheint es zumindest, und kann den anderen direkt den ersten 40 Siedlerfamilien zuordnen, die ab 800 n.Chr. von Norwegen aus das Land urbar machten. Eindrucksvoll wird uns das im Landnahme-Museum von Borganes demonstriert.
Wir sehen die unwirtliche Insel plötzlich aus dem Blickfeld der Land nehmenden Wikinger. Wir halten bei unserer Fahrt Ausschau nach Wasser, nach flachen Wiesen zum Heumachen und Getreideanbau, nach fischreichen Flüssen, nach Treibholz für Werkzeuge und Essgeschirr, nach Plätzen für Versammlungen und Gerichtsbarkeit.
Und so wird Pingvellir östlich der Hauptstadt Reykjavik für uns nicht nur zu einem geologischen Höhepunkt. Der Graben, an dem sich die die amerikanische und die eurasische Kontinentalplatten unaufhörlich gegeneinander verschieben, verwandelt sich in die Schlucht, durch die im Jahre 930 zum ersten Mal die Stämme der Wikinger zogen, um ihren Althing abzuhalten - für Jahrhunderte die zentrale Institution der Rechtsprechung. Vor unserem geistigen Auge sehen wir die Zelte der Goden und ihrer Familien, die wiehernden Islandpferde, das Volksfest, die Spiele und den Heiratsmarkt - Geburtsstätte der ältesten Demokratie der Welt. So sagen zumindest die Isländer.
Wir bemerken, dass auf der Insel bis heute kaum dörfliche Strukturen bestehen - mit Ausnahme der Hauptstadt Reykjavik, wo allein 250.000 Menschen leben, und von den Fischerorten am Meer. Die Isländer leben und lebten auf Einödhöfen, wo man sich und seine Tiere mehr schlecht als recht ernähren konnte.
Bei einem Spaziergang durch das Freilichtmuseum von Glaumbær wird uns erschreckend deutlich, wie man bis ins 19. Jahrhundert hinein lebte: in ungeheizten Torfrasenhäusern mit verschiedenen Arbeitskammern und einem einzigen Wohn-, Ess- und Schlafraum. Hier hielten sich bis zu 22 Menschen auf: zu dritt in einem Bett, auf den Knien speisend und beim matten Fensterlicht handarbeitend. Kein Wunder, dass dieses karge Leben abgehärtete, schweigsame, streng religiöse aber auch zugleich feierfreudige, familienbezogene und schöpferische Menschen hervorbrachte.
Und dass die Familiensagas, die Helden- und Götterlieder sowie ihre mündliche Weitergabe von Generation zu Generation einen immensen Stellenwert hatten. Sie stellten im 13. Jhd. die erste mittelalterliche Prosaliteratur dar, die in Europa in der Landessprache geschrieben wurde.
Heute sehen wir sie als Islands einzigartigen Beitrag zum Weltkulturerbe und die Sagafiguren und –geschichten sind im Volk immer noch präsent, zumal sich die Sprache seit damals nicht wesentlich verändert hat.
Lebendige Götter
Beim Anblick der bizarren Felsformationen, der unendliche weiten Landschaften, der geheimnisvollen und gewalttätigen Naturphänomene beginnen auch wir zu ahnen, dass hier Götter, Trolle und Elfen am Werke gewesen sein müssen. Dem Zauber der vielen magischen Orte können wir uns einfach nicht entziehen.
Am Hvalfjördur sehen wir mit Hilfe von Matthias den Wal mit dem roten Kopf, einen ehemaligen Walfänger, der von einer Elfe verwandelt wurde, weil er ihr gemeinsames Kind nicht anerkannt hatte. Und uns wird klar, dass der kleine grünschimmernde See am Fuße der 100 Meter steil aufragenden Felswände in Asbyrgi der Fußabdruck von Odins achtbeinigem Pferd Sleipnir ist, das sich hier abstieß, um der Sonne entgegenzufliegen. Und dass die dunklen Burgen Dimmuborgir am Myvatn eine Schar von Trollen beherbergten , die - von den ersten Strahlen der Sonne überrascht - zu Stein verwandelt wurden und nun auf uns Wanderer unheildrohend herabblicken.
Der Strand von Dyrhólaós westlich von Vik muss der Lieblingsplatz der nordischen Gottheiten sein: Die sanfte Meeresbrandung auf dem schwarzen Kiessand, die geheimnisvolle mit Basaltsäulen ausgekleidete Höhle, der versteinerte Dreimaster im Gegenlicht, die Schreie der Papageientaucher - all das erfüllt das Herz mit Sehnen und macht Island zu einem unvergesslich göttlichen Erlebnis.
Was man als Islandfahrer machen und wissen sollte
- hangikjött (Kassler aus Lammfleisch), skyt (Joghurt-Quark) und rúgbraud (dunkles süßliches Roggenbrot) probieren. Vielleicht auch hardfiskur (getrockneten Fisch) knabbern. Papageientauchersuppe und fermentierter Hai mit brennivín (Totenkopfschnaps) scheinen entbehrlich.
- Whalewatching von Husavik aus mit 98%iger Trefferquote buchen oder wie wir vom Parkplatz aus einen Wal sichten.
- Um Egilsstadir herum auf Rentiere achten! Wir sahen eine riesige Herde.
- Auf der Halbinsel Tjörnes bis Mitte August putzige Papageientaucher beim Starten und Landen beobachten (größte Population der Welt)
- Den reichsten Bauern erkennt man im Sommer an der Menge der weißen Mashmallows auf der Wiese (Heuballen in Plastik).
- Gletschereis lutschen: So was Altes hatte man noch nie im Mund!
- Auf den Gang der Islandpferde achten: sie törkeln! Und niemals Islandponys sagen!
- An Götter, Elfen und Trolle glauben.
- Keine Dörfer erwarten - nicht mal an 800 Jahre alten Bischofssitzen
- Matthias bei einer Rundtour als Guide anfordern. Man braucht dann keine vorbereitende Literatur und keine Geologie-Sachbücher mehr!
- Dreisterne-Hotels sind so verschieden wie die 12 Weihnachtstrolle die im Dezember ihr Unwesen treiben.
- Folgende Museen besuchen:
- Das Landnahme-Museum in Borganes,
- das Walmuseum (wers mag auch das Phallusmuseum) in Husavik,
- das Nationalmuseum in Reykjavik,
- das Land-Museum in Skógar
- das Freilichtmuseum in Glaumbaer
- Eiderdaunen bringen pro Kilo in Japan 6000 Dollar. Urlaub also verlängern zum Sammeln.
- Hier sollte man täglich Lamm essen - schwärmt Peter.
- Wichtig für Brigitte: Man kann menschenleere Landschaften fotografieren.
- Raucher werden hier systematisch vergrault - sagt Barbara.
- Der gute Eurokurs macht Alkohol erschwinglich - bemerken Thomas und Rüdiger erleichtert. Aber Achtung vorm himmlischen Moseltröpfchen!
- Schafe hauen ab, wenn man sie fotografieren will. Deshalb kann Uli sie hier nicht abdrucken.
- Akareyri hat ein Herz für Autofahrer: bei den Ampeln ist das Rotlicht herzförmig.
- Nur auf der A1 ist meditatives Beifahren möglich. Ansonsten Schockel-Gefahr.
- Die Mücken am Myvatn sind Schwarmmücken. Angeblich (!) stechen sie nicht.
- Baden in der blauen Lagune ist das bestorganisierte Plantschen der Welt - bis hin zum Conditione und Plastikbeutel für nasses Badezeug. Und das Essen im Restaurant ist phantastisch!
- Der Steingarten von Petra in Stödvarfjördur ist sagenhaft bunt und steinreich. Sie freut sich über jedes geologische Mitbringsel.
- Drei Dinge braucht der moderne Isländer: Golfplatz, Schwimmbad, Männerchor.
- Was tun, wenn man sich im isländischen Wald verirrt? Aufstehen!
- Mit Thomas Drosdol fahren!